Es ist ein knallharter - und dazu schlecht bezahlter - Fulltime-Job: das Mutter-Sein. In der Berufswelt ist es trotzdem nicht anerkannt, sondern wird klischeebehaftet klein geredet. Das nervt
nicht nur, sondern hier werden auch großes Potenzial und Chancen verkannt.
Eins vorab, das wird jetzt kein Text über das Für und Wider des Mutter-Daseins, ich habe mich bewusst für ein Kind entschieden - mit allen schönen Seiten wie auch den Konsequenzen. Punkt. Was mir jedoch mehr und mehr auffällt und mich unglaublich nervt ist die Tatsache, dass das Mutter-Dasein von der Gesellschaft - und hier besonders für die männlichen Vertreter - als selbstverständlich angesehen wird. Mehr noch, es wird klein geredet und gnadenlos unterschätzt (oder einfach ignoriert?!), was wir machen und hat beruflich keinerlei Relevanz. Warum eigentlich? Schließlich handelt es sich um einen knallharten - und dazu schlecht bezahlten - Knochenjob, der eine Vielzahl an Kompetenzen fordert, die einem normalen Alltagsjob mehr als gleichzusetzen sind. Im Folgenden erläutere ich jetzt mal etwas überspitzt - denn ich habe einen wirklich tollen Mann, der überall mit anpackt und für die Kleine da ist - allen ,Kleinrednern', was es heißt, den Fulltime-Job Mama auszuüben!
Körperliche Auswirkungen
Das Gute vorweg, mein Kind ist jetzt mal flapsig gesagt das beste ,Sportgerät' ever! Man kommt täglich an die frische Luft und bewegt sich viel. Entsprechend habe ich schon nach einem halben Jahr mein Vor-Schwangerschaftsgewicht wieder. Und das obwohl mein Crosstrainer seit der Geburt in der Ecke verstaubt. Nicht unterschätzen darf man allerdings, dass man seit der Geburt zwar nicht ständig, aber doch (sehr!) oft ein stetig zunehmendes Gewicht mit sich rumschleppt. Inzwischen entspricht das immerhin einem kleinen Wasserkasten und wird noch mehr. Das geht verdammt nochmal ganz schön auf Nacken und Rücken! Dagegen war mein sitzender Bürojob vorher nix!
Der Traum vom Schlaf
Mein Mann hatte letztens mit den Auswirkungen der Nachtschicht zu kämpfen. Verständlich, trotzdem hielt sich mein Mitleid in Grenzen. Vielmehr habe ich in dem Moment nur leise geschmunzelt, denn von solcherlei ,geplanten' Arbeits- bzw. damit einhergehenden Schlafstunden bin ich weit entfernt. Seit der Geburt bis ins Kindesalter heißt es 24 Stunden Rufbereitschaft. Das heißt schlafen wenn das Kind schläft, also ab und an am Tag und nachts. Wobei wir wirklich das große Glück haben, dass die Kleine schon recht früh von etwa 21 Uhr bis 6 Uhr teils sogar durch geschlafen hat. Trotzdem schläft man neben dem Kind im Beistellbett unruhig und nicht so fest. Von den unkalkulierbaren 20-120 Minuten Schlafphasen tagsüber ganz abgesehen. Mein letzter richtiger Tief- und Erholungsschlaf ist also eine Weile her und trotzdem muss man leistungsfähig bleiben - da kann kein Schichtarbeiter mithalten!
Let me entertain you
Kinder essen und schlafen in den ersten Wochen und Monaten viel - so das weit verbreitete Klischee. Unsere hat weder am Anfang viel geschlafen, geschweige denn jetzt. Und in den Wachphasen möchte dieses kleine wunderbare Wesen beschäftigt werden, alleine spielen geht mit einem halben Jahr noch nicht bzw. nur kurz. Spielzeug ist ihr schnell zu langweilig, eine Rassel zum Beispiel wird in die Hand genommen, begutachtet, verstanden - und weggeworfen weil langweilig. Wisst ihr eigentlich, was ich mir seither täglich an Beschäftigungen und neuen Spielmöglichkeiten ausgedacht habe? Als Angestellte in einer Kreativabteilung würde ich bei dem Pensum in einem halben Jahr zum Creative Director befördert werden! Im wahren Leben sieht man mich derzeit jedoch eher als ,Freizeit-Kindergärtnerin'.
Family-Managerin
Das hochtrabende Wort ,Manager` bedeutet eigentlich nichts anderes, als ,etwas koordinieren'. Und genau das macht man den ganzen Tag als Mutter und - im Jahr der Elternzeit - als Hausfrau. Sind genug Windeln, Feuchttücher und Milchpulver da? Was essen wir morgen und haben wir alle Zutaten für den Brei? Ist der Termin beim Kinderarzt gemacht? Neben Kind und alltäglichem Haushaltskram geht auch das Leben weiter. Die Steuererklärung muss gemacht werden, das Auto in die Werkstatt und es stehen Geburtstage an, für die Geschenke wohlüberlegt und besorgt werden müssen. Würde ich einen Terminplaner führen für alles was so ansteht, wäre dieser zum Bersten voll! Trotzdem schafft man zum Ende des Tages oder der gesetzten Frist (fast) alles. Ich bin also eine Managerin, die termingerecht und pflichtbewusst arbeitet - in meinen Lebenlauf schreiben kann ich das jedoch nicht, da würde man mich auslachen. Verkehrte Welt!
Social Networking
Wer jemals Probleme damit hatte auf andere Menschen zuzugehen, wird diese spätestens in der Elternzeit ganz schnell los. Schon im Rückbildungskurs trifft man auf wildfremde Personen. Zwar hat man von vornherein ein gemeinsames Thema, in diesem Fall eben alles rund um den Nachwuchs, doch wenn man's genau nimmt ist das in der Berufswelt nicht anders. Hier ist nur das Thema ein anderes wie zum Beispiel eine große Werbekampagne. Und spätestens wenn man den ganzen Tag mit dem Nachwuchs daheim sitzt und einem die Decke auf den Kopf fällt, sucht man sich Treffen und Aktivitäten die Abwechslung versprechen - und den Nachwuchs im besten Fall noch spielerisch bzw. sozialkompetent fördern. Bei mir ging das sogar so weit, dass ich unterwegs beim Spazieren gehen wildfremde Mütter mit Kind/ern in etwa demselben Alter angesprochen habe, ob es im Ort Krabbelgruppen etc. gibt. Daraus sind wiederum ganz neue Kontakte zustande gekommen. Wenn man's genau nimmt habe ich so im bisherigen Verlauf der Elternzeit aus Eigeninitiative mehr neue Leute kennen gelernt als davor im Job. Was ,kalte' Kontakte knüpfen angeht bin ich also besser imTraining denn je, aber was man so ,daheim macht' zählt eben für die Personaler nicht.
Geduld, Geduld
... ist eine Tugend. Allerdings bisher nicht unbedingt meine. Wenn ich zum Beispiel auf jemanden traf, der sich selber gerne reden hört, dabei allerdings Blödsinn erzählt, konnte ich das ganz schnell unsanft beenden. Blöd nur, wenn das eventuell ein potenzieller Auftraggeber ist. Wer jedoch ein Kind hat, das trotz Müdigkeit partout nicht schlafen will und sich schreiend und strampelnd dagegen wehrt, der lernt Geduld. Da wird so lange schunkelnd um den Esstisch gelaufen, bis der Nachwuchs endlich weggetreten ist. Irgendwann lernt man schlichtweg diesen Punkt zu überwinden, an dem einem früher die Hutschnur geplatzt ist, und ruhig zu bleiben. Ich habe also während der Elternzeit sogar eine zusätzliche Kompetenz erworben, denn heute kann ich geduldig abwarten und dann erst reagieren. Wenn ich das jedoch als Argument für eine Gehaltserhöhung in die Waagschale werfe, würde ich wohl nur ein müdes Lächeln ernten.
Die Sache mit dem Geld
Wir hatten letztens die Diskussion, dass der Mutter-Job im ersten Jahr quasi durch das Elterngeld entlohnt werden würde. Das kann man zwar so sehen, ist allerdings eine ganz schöne Milchmädchenrechnung. Ich bin froh, dass es das Elterngeld inzwischen gibt, so steht man wenigstens nicht ganz ohne Geld da. Als Entlohnung für die ganzen Stunden, die man mit dem Nachwuchs beschäftigt ist, ist es schon ziemlich mickrig. Ich bekomme knapp 1.100€ Elterngeld, was auf den ersten Blick viel aussieht. Rechnet man das nur mal grob hoch auf 30 Tage im Monat, 7 Tage die Woche und 14 Stunden (Schlafphasen abgezogen) am Tag - von der 24 Stunden Rufbereitschaft gar nicht zu reden - komme ich auf einen Stundenlohn von etwa 2,60€. Das ist weit unter Mindestlohn! Und Schichtzulagen oder sowas gibt es auch nicht. So viel zum Thema ich werde ja bezahlt.
Und wie es nach dem Jahr weiter geht ist auch noch offen. Sicher ist nur, dass ich in jedem Fall wieder arbeiten möchte, Vollzeit wird jedoch nicht machbar sein. Mal ganz abgesehen davon, dass ich kein Kind habe, um es dann tagsüber ,abzugeben', sondern auch etwas davon haben möchte, wäre das allein von den Krippen-Zeiten nicht machbar. Also wird es wohl erstmal auf halbtags hinaus laufen - mit entsprechend geringerem Gehalt. Eigentlich arbeite ich damit dann doppelt - Job + Kind - bekomme aber weit weniger als vorher. Fair wäre, wenn man einen Zuschuss bekommen würde, der bis auf das Ursprungsgehalt aufstockt. Zumindest so lange bis man wieder Vollzeit arbeiten kann. Schließlich stellt man nicht nur seine Arbeitskraft samt Know-how wieder zur Verfügung und stärkt damit die Wirtschaft, sondern sorgt auch noch für Folgegenerationen an Steuerzahlern. Bevor der Staat so etwas honoriert werden jedoch eher wieder die Diäten für den wachsenden Bundestag erhöht ...
Rente, welche Rente?
Kurz nach der Geburt kam ein Wisch von der Rentenversicherung ins Haus geflattert, dass mir die nächsten drei Jahre Rentenpunkte bzw. ein Verdienst angerechnet werden würde, der einem mittleren Durschnittsgehalt entspricht. Das finde ich prima - aber danach? Wenn ich Glück habe, kann ich wie gesagt halbtags weiter arbeiten und später, wenn die Kleine alt genug ist auch wieder Vollzeit. Bis dahin sind es aber einige Jährchen und die zahle ich einen weitaus geringeren Betrag in die Rentenversicherung ein, sodass meine voraussichtliche Rente einen Betrag von minimal zu mickrig einnimmt. Auch hier wäre es schön, wenn aufgestockt werden würde, bis man wieder selbst auf dem Ausgangsniveau ist. Unfair ist es schon, ich sorge quasi für mindestens einen weiteren Beitragszahler, rutsche dadurch aber selber weiter nach unten ab ...
Summa Sumarum
Es ist schon paradox, würde mir ein Unternehmen diese Qualifikation ausstellen und auf was man bereit ist zu verzichten, schließlich stellt man seine eigenen Bedürfnisse fast komplett zurück, wäre ich der Traum eines jeden Arbeitgebers. So aber werde ich als ,nur Mutter' gesehen mit dem leicht verächtlichen (und neidischen?) Hintergedanken, dass ich mir in der Elternzeit bestimmt ein schönes Jahr gemacht habe bzw. wenn ich dann weiter arbeiten möchte der Halbtagsjob eine lockere Work-Life-Balance darstellt. Zudem haftet mir nun der ,Makel Kind' an, was gleichzusetzen ist mit unflexibel in puncto Zeit (keine Überstunden etc.) und Ort (Kundentermine oder Geschäftsreisen fallen raus). Meine beruflichen Chancen haben sich trotz zwei Studienabschlüssen und angemessener Berufserfahrung also drastisch reduziert. Und da fragt sich die Politik allen ernstes, warum die gut ausgebildeten Frauen sich Kinder gut überlegen!