... auf den Spuren Ludwig II.

Neuschwanstein kennt jeder. Doch der Märchenkönig hat mit Linderhof und Herrenchiemsee in Bayern noch weitere Bauten hinterlassen, die unbedingt einen Besuch wert sind. Was lag da näher, als sich mal auf Spurensuche zu begeben?!

Ludwig II. hat in Bayern wundervolle Bauten hinterlassen - und am Ende ein leeres Staatssäckel - die innerhalb von etwa 200 km alle relativ nah beieinander liegen. Schließlich war man mit der Kutsche damals um einiges länger unterwegs. Das hat für interessierte Besucher heute den Vorteil, dass sich die drei Schlößer Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee innerhalb eines Kurzurlaubs gut besichtigen lassen.


Das Walt Disney Schloß?!


Neuschwanstein ist definitiv das Bekannteste der Ludwig-Schlößer. Kein Wunder, schließlich hat es wirklich märchenhaften Charakter, wie es mit seinen spitzen schlanken Türmchen vor der malerischen Bergkulisse thront (leider zum damaligen Zeitpunkt zum Großteil eingerüstet). Ob es auch Walt Disney inspiriert hat? Lustigerweise fragen ausländische Besucher oft, warum die Deutschen das Disney-Schloß in ihren Bergen nachgebaut hätten. Obwohl es noch ein verhältnismäßig "neues" Schloß ist, stand es schon knapp 30 Jahre bevor Walt Disney 1901 geboren wurde. Damit ist es wohl eher anders herum ...

Schloß Neuschwanstein

Unterhalb von Neuschwanstein liegt Schloß Hohenschwangau. Das wurde zwar nicht auf Initiative von Ludwig gebaut, von hier überwachte er jedoch mit Argusaugen den Bau seines eigenen Projekts auf dem gegenüberliegenden Felsen. Mir hat das ,sonnige' Schlösschen mit seinen Zinnen und den blau-weißen Markisen sogar besser gefallen, weil es einfach persönlicher wirkt und mediterranes Flair versprüht. Außerdem ist es nicht so überlaufen.

Schloß Hohenschwangau

Tipp

Kombitickets sind meistens günstiger und wenn man einmal vor Ort ist, sollte man Hohenschwangau einfach "mitnehmen", es lohnt sich.


Den Felsen hinauf

Nach der Führung in Hohenschwangau hatten wir 45 Minuten Zeit den ansteigenden Weg von Hohenschwangau hinauf nach Neuschwanstein zurück zu legen. Die Uhrzeit bis zum jeweiligen Einlass ist auf den Kombi-Tickets hinterlegt, man weiß also, wieviel Zeit man hat und ob man unterwegs noch etwas die Aussicht genießt oder sich beeilen sollte. Zwar kann man für die Strecke auch eine Pferdekutsche mieten, aber der glatt asphaltierte Weg ist wirklich gut zu schaffen. Wanderschuhe braucht man keine, normales bequemes Schuhwerk reicht.

 

Durch das bekannte rote Backsteinportal geht es dann hinein in den Innenhof. Trotz der Schloßmauern ringsum fühlt man sich durch die prägnanten stählernen Drehkreuze mit digitaler Nummern- und Uhrzeitanzeige, wann welche Besucher zu welcher Uhrzeit das Schloß betreten können, wie auf einem Flughafen oder einem U-Bahn-Zugang. Hier ist alles durchgetaktet, kommt man zu spät, hat man Pech gehabt. Das nimmt dem romantischen Charakter zwar viel von seinem Flair, aber irgendwie muss man den Besucherstrom von Durchschnittlich 6.000 Personen am Tag (!) eben in den Griff bekommen. So viel zum Thema ,überlaufen' ...


Das Schloß selbst ist beeindruckend, keine Frage, und Besucher aus dem arabischen Raum würden aufgrund der bunt-goldenen Ausstattung ihre Freude haben, aber mir war es dann doch ein wenig zu kitschig. Außerdem sollte man am Ende der Führung nicht enttäuscht sein, dass für einen Bau dieser Größe nur relativ wenig Räume zu besichtigen sind, denn es ist nie komplett fertig gestellt worden. Der unglückliche König wurde vorher seines Amttes enthoben.



Gut zu wissen:

Wer die Innenräumr der Ludwig-Schlösser besichtigen will, muss überall eine Führung mitmachen. Das ist zwar durchaus wissenswert, interessiert aber eben nicht jeden. Dabei wird auch darauf geachtet, dass nicht fotografiert wird. Wer Innenraumbilder haben möchte, muss Postkarten kaufen.


Beeindruckende Aussichten

Neben dem Schloß ist definitiv die Aussicht von hier eine Attraktion: Man hat einen gigantischen Blick auf das Umland mit seinen Seen und hinab zu Schloß Hohenschwangau oder zum Forggensee.

Wer noch einen besseren Überblick mitsamt Schloßkulisse haben möchte, darf sich nicht um den Weg zur Marienbrücke drücken. Die freitragende Eisenkosntruktion spannt sich eindrucksvoll über die Pöllatschlucht. Um die filigrane Brücke zu betreten sollte man allerdings schwindelfrei sein ... Ansonsten ist die gesamte Gegend beliebt zum Wandern und auch entsprechend gut ausgeschildert.


Eindrücke vertiefen

Um Führungen mitzumachen, etwas die Gegend zu erkunden, gemütlich etwas zu essen und die Eindrücke rund um Neuschwanstein richtig wirken zu lassen, solltet ihr euch mindestens einen ganzen Tag Zeit nehmen. Wer in der Gegend gar übernachtet, kann noch eine weitere Attraktion besuchen, das Festspielhaus am Forggensee.Vom Theater mit Drehbühne hat man eine tolle Sicht über den See zu Neuschwanstein. Passend zur Location fand am 25. August 1998 zum 153. Geburtstag von König Ludwig II die Grundsteinlegung statt und 2000 wurde zur Eröffnung das Musical "Ludwig II - Sehnsucht nach dem Paradies" uraufgeführt. Das hätte dem musisch veranlagten Monarchen bestimmt gefallen ...


Ein kirchlicher Umweg

Wer seine Zeit großzügig geplant hat, für den lohnt ein Abstecher zur Wieskirche (mit Auto je nach Strecke etwa 30-40 Minuten). Ein barockes Schmuckstück, das mich ziemlich umgehauen hat. Zumal diese von Außen erstmal relativ unscheinbar wirkt. Wenn man sich den verschwenderischen Detailreichtum im Innenraum anschaut versteht man schnell, warum die Baukosten hierfür damals regelrecht explodiert sind.


Das Kleinod im Tal

Linderhof ist das Kleinste der drei Ludwig-Schlößer. Mir persönlich gefällt es am besten und das nicht nur, weil es im Gegensatz zu den anderen als Einziges vollkommen fertig gestellt ist. Einen großen Anteil daran hat vor allem seine Lage im Tal, was schon bei der Anfahrt ein absolutes Highlight ist, wenn sich rechts und links von der Straße die Hänge der Bergketten erheben. Auf manche mögen die Berge einen eher erdrückenden Eindruck machen, bei mir haben sie eher einen beschützenden Effekt, durch den ich mich in der Umgebung sofort wohl und geborgen fühlte. Vielleicht ging es dem Bayernkönig ja genauso? 


Das Schloß selbst kommt im verspielten Barock-Rokoko-Stil daher. Aber das ist wohl auch der Baustil, der dem feinsinnig veranlagten Monarchen mit seiner Vorliebe für das Schöne, Musik und Theater am nächsten kam. Damit nicht genug ist es auch genau auf seine Bedürfnisse zugeschnitten, wie viele der induviduellen Umsetzungen zeigen. Am bekanntesten ist wohl das Tischlein-deck-dich im Esszimmer: Ein mechanisch versenkbarer Tisch, der in der darunter liegenden Küche vom Personal bestückt wurde, sodass der menschenscheue Monarch speisen konnte ohne auch nur eine Menschenseele sehen zu müssen. Auch ist bekannt, dass Ludwig II. sehr nachtaktiv war. So soll er einen enorm hohen Kerzenverbrauch gehabt haben. Am Fußende seines Bettes steht dazu ein mannshohes Nachtlicht in Form einer Weltkugel, das sein prunkvolles Schlafzimmer illuminierte. In Kombination mit den Reflexionen der goldenenen Verzierungen und der Spiegel hatte das bestimmt einen wahrlich traumhaften Effekt!


Lustwandeln ...

Bei einem Lustschloß darf natürlich der Lustgarten nicht fehlen. Und dieser macht seinem Namen bei Linderhof alle Ehre. Die kleinen, an das Gebäude grenzenden Seitengärten sind ebenso wie der Hauptgarten im barocken Stil angelegt. Sauber gestutze Rasenflächen, Hecken und Bäumchen sowie Wasserbassins, Balustraden, Statuen und Blumenflächen sind hierfür in streng symmetrischen, geometrischen Formen angelegt. Kurzum, die Natur ist gezähmt, um ein vollkommen harmonisches Gesamtbild abzugeben. Der Augenschmaus wird begleitet von Blumenduft und dem Plätschern von Springbrunnen - stündlich sprudelt auch einmal die große Fontäne für ein paar Minuten in die Höhe. Es lohnt sich, am Bassin entlang zu schlendern und die Treppen zum Venus-Tempel zu erklimmen, denn mit jeder Stufe bieten sich neue Perspektiven auf Schloß und Garten. Oben angekommen erwartet einen regelrechtes Postkarten-Panorama.

... und entdecken.

Abgesehen vom direkten Bereich um das Schloss ist der Großteil des Gartens im englischen Landschaftsstil angelegt. Die Anlage folgt also einem Plan obwohl sie so wirkt, als würde die Natur frei wachsen. Das hat den Vorteil, dass der Übergang der Gärten wie auch zum umliegenden Wald nahezu fließend ist. An der Rückseite des Schloßes wurde den Hügel hinab eine Wasserkaskade angelegt. Da zu dieser Seite das Schlafzimmer des Königs liegt, hatte er durch die bodentiefen Fenster nicht nur einen ungestörten Blick darauf, ich könnte mir auch vorstellen, dass das Rauschen des Wassers eine einschläfernde Wirkung gehabt haben könnte. Was dem ruhelosen Kandidaten allerdings nicht viel genützt hat.

Der hat wahrscheinlich viel eher darüber nachgedacht, wie er die Anlage noch schöner machen kann - und kam dabei auf so exzentrische Ideen wie die Venusgrotte. Eine etwas versteckt liegende, auf Zementbasis künstlich angelegte Tropfsteinhöhle mitsamt Lichteffekten und See, auf dem er sich herumrudern ließ. Seine Handwerker stellte er hierfür vor so schwierige Aufgaben wie ,blaueres Blau'. Und auch sonst wird es beim Schlendern durch den Garten nicht langweilig. Mal blitzt hier eine Kuppel auf wie vom Maurischen Kiosk oder schaut dort ein Türmchen wie vom Marokkanischen Haus hervor. Um Schloss und Garten in Ruhe zu entdecken sollte man daher etwa einen Tag einplanen.


Tipp:

Kostenpflichtig ist nur der Besuch des Schlosses. Durch den Garten könnt ihr also auch so wandeln. Zwar kann man vor Ort auch etwas essen, am besten packt ihr euch jedoch eine Brotzeit ggf. samt Decke ein, dann könnt ihr im Garten essen. Das ist nicht nur günstiger, sondern auch weitaus schöner. :)


Klösterlicher Zwischenstopp

Auf dem Weg von Linderhof Richtung Chiemsee kommt man nach nur 10 Minuten am Kloster Ettal vorbei. Hier lohnt ein kleiner Zwischenstopp. Nicht nur wegen der Barockkirche, sondern weil man sich hier hervorragend mit klösterlichen Erzeugnissen wie selbstgebrautem Bier versorgen kann.


Das bayrische Versailles

Ludwigs Vorbilder waren die glanzvollen absolutistischen Herrscher, allen voran der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. Diesem Ideal nachzueifern findet seinen Höhepunkt mit dem Neuen Schloß Herrenchiemsee (links). Die Ähnlichkeit mit der Residenz bei Paris ist verblüffend (rechts), kein Wunder, dass es auch das ,Bayrische Versailles' genannt wird. Man darf den Bau auf der Herreninsel im Chiemsee jedoch nicht als reine Kopie verstehen, sondern vielmehr als Versuch etwas Schönes noch zu perfektionieren und mit den fortschrittlichen technischen Errungenschaften der damaligen Zeit zu verbinden. So ist die Spiegelgalerie zum Beispiel sogar länger und im Gegensatz zu Versailles, wo die Räume wenig bis gar nicht heizbar waren - Ludwig XIV. soll bei einem Diner der Wein im Glas gefroren sein - besitzt das Schloß eine Art Zentralheizung!

Allerdings konnte Ludwig II. seine grandiosen Ambitionen wie auch bei Neuschwanstein nicht zu Ende führen, da er vorher abgesetzt wurde. Schaut man sich die Prunkräume in der Beletage an, merkt man davon allerdings nichts. Diese erstrahlen in Pomp und Glanz. Was für eine Verschwendung, dass in dem reich dekorierten Bett des Paradeschlafzimmers nie jemand geschlafen hat. Das allerdings nicht, weil Ludwig II. nur wenige Tage hier verbracht und damit keine Gelegenheit hatte, sondern weil die Räume von vornherein nur musealen Schaucharakter hatten. Kaum zu glauben, aber sie sollten als reine Hommage an den Sonnenkönig dienen - mehr exzentrische Sinnlosigkeit geht wohl kaum! - während sich Ludwig II. ein separates Appartement auf der Etage einrichten ließ. Natürlich nicht weniger reich dekoriert und dazu mit komfortablen Finessen wie auch hier einem Tischlein-deck-dich versehen.


Unvollendete Pracht

Die gartenabgewandte Fassade ist im Gegensatz zur dekorierten Gartenseite eher detailarm gehalten und ein noch im Bau befindlicher Seitenflügel wurde gleich nach der Absetzung des Königs wieder abgerissen. Abgesehen vom Erhalt der Gebäudesymmetrie das einzig Sinnvolle, zumal es nicht mal ein Nutzungskonzept dafür gab. Zu den heute noch deutlich sichtbaren Zeichen, dass sich ein Großteil des Gebäudes nach wie vor im Rohbauzustand befindet, gehört das Treppenhaus: Hier finden sich unverputzte, mit Baumarkierungen versehene Ziegelwände. Für mich war gerade dieser ,Unfertige'-Aspekt an Herrenchiemsee interessant. Zu sehen, wie es hinter der Schönen-Schein-Fassade eines Prunkbaus aussieht. Das macht wiederum auch greifbarer, was für eine enorme (logistische) Leistung ein derartiger Bau auf einer Insel ist!


Auch bei der Gartenanlage von Herrenchiemsee (links) finden sich eindeutige Parallelen zum Pariser Vorbild (rechts), wie die zentrale Sichtachse von der Gartenseite des Schlosses verdeutlicht. Während in Versailles jedoch ein riesiger Kanal angelegt werden musste, damit der Blick im Wasser endet, konnte man sich bei Herrenchiemsee die natürliche Gegebenheit zunutze machen, dass das Schloss auf einer Insel liegt. Ein zusätzlicher Schmuck ist das erahnbare Alpenpanorama im Hintergrund.

Die Gartenanlage ist zwar grundlegend auch im barocken Stil angelegt, im Vergleich zum Gebäude jedoch regelrecht "klein" und die Blütenpracht hält sich nahezu in Grenzen. Wie man sich bereits denken kann geht dieser Umstand ebenfalls auf die vorherige Absetzung des Monarchen zurück, der auch hier anderes im Sinn hatte, wie die ursprünglichen Entwürfe zeigen. Immerhin noch umgesetzt wurden die großen und kleinen Bassins mit ihren wasserspritzenden Figurenelementen entlang der zentralen Sichtachse.


Inseln im See

Aus den Fenstern des Schlosses sieht man das Alpenpanorama jedoch nicht, denn die Insel ist abgesehen von der Gartenanlage geprägt von hohem alten Baumbestand. Zwar hätte der Monarch sofern gewollt auch keineswegs gezögert diesen abzuholzen, allerdings wollte Ludwig - warum auch immer - die Berge gerade nicht sehen. Inmitten der Bäume liegt auch noch das so genannte Alte Schloß, in dem noch heute ein Männerkloster untergebracht ist.


Tipp:

Man kann auf der Insel wunderbar spazieren gehen, sollte allerdings nicht gänzlich die Zeit vergessen, denn man ist eben auf einer Insel im Chiemsee und die Schiffe fahren von verschiedenen Orten am Ufer zwar den ganzen Tag über regelmäßig, irgendwann ist jedoch auch das Letzte mal weg. Wer mag kann zudem Inselhopping machen und auch noch zur Fraueninsel rüber fahren, die ihren Namen von dem dort liegenden Frauenkloster hat.


Abschluss am Chiemsee

Am besten ihr lasst die Schlößertour mit ein paar Tagen am Chiemsee ausklingen. Besonders im Sommer herrscht hier Urlaubsflair mit südländischem Charakter. So können die Eindrücke in Ruhe sacken und man startet erfrischt wieder in den Alltag. Rund um den See gibt es für jedes Budget Übernachtungsmöglichkeiten. Nicht gerade günstig, aber durchaus passend oder ,standesgemäß', wenn man sich am bisher Gesehenen orientiert, ist zum Beispiel eine Übernachtung im Hotel Gut Ising in Chieming. Ein historisches Anwesen mit acht unterschiedlich eingerichteten Gutshäusern in Blickweite zum See mit verschiedenen Restaurants, Bars und großem Wellnessbereich samt In- und Outdoor-Poolanlage.


Interessantes zum Schluss

Wer sich mehr für Daten und Fakten zur Geschichte der Schlößer interessiert, aktuelle Öffnungszeiten oder Adressen erfahren möchte, wird neben Wikipedia etc. bei der Bayerischen Schlösserverwaltung fündig:

- Neuschwanstein

- Linderhof

- Herrenchiemsee