Paris, mon amour

Von der gewachsenen Stadt zum durchgeplanten "Produkt" eines Stadtplaners - weil mich Paris seit jeher interessiert hat, bin ich der Geschichte der Stadt im Rahmen meines Architektur-Studiums einmal auf den Grund gegangen. Hier das Ergebnis in Referatform, gespickt mit Bildern von meinem Aufenthalt aus dem Jahr 2006.

Das gallo-römische Paris - monumentale Steinbauten

Im 3. Jahrhundert v. Chr. ließen sich die Parisii zwischen den Armen der Seine auf einer kleinen Insel nieder, die später den Namen Ile de la Cité bekommen sollte. Sie konnten damals noch nicht wissen, was sich aus ihrer keltischen Siedlung Lutetia entwickeln sollte, die nur aus ein paar Holzhütten entstand. Sie nannetn Sie vermutlich Lutu-hezi (Wasserwohnung) oder Louk-teih (Ort der Sümpfe). Die Insel umfasste damals ca. 10 Hektar (heute 17 Hektar) und befand sich auf etwa demselben Niveau wie die Seine. Weil der Fluss an einigen Stellen passierbar war, gab es reichlich Wild. Zur Ost-West-Achse des Flusses kam bald eine Nord-Süd-Achse quer über die Insel hinzu.

 

Zwei Jahrhunderte später im Jahre 53 n. Chr. erkannte Julius Cäsar, der einige Jahre zuvor Gallien unterworfen hatte, den strategisch wichtigen Punkt der Besiedlung. Im folgenden Jahr unterwarf seine Armee die Stadt und errichtete eine Herrschaft, die fünf Jahrhunderte dauern sollte. Die Rämer bauten auf ihre typische Art monumentale, rechtwinklige Gebäude, für die große Mengen Stein eigens herbeigeschafft werden mussten. Da sich unter der Stadt und besonders unter dem Hügel Montparnasse eine gelologische Schicht geeigneter Bausteine (Kalkstein) befand, wurde diese bergwerksmäßig abgebaut. Ein ausgedehntes unterirdisches Gänge-Labyrinth entstand (die heutigen Katakomben). Für den Transport der Materialien schufen sie breite Straßen, die rechts und links von öffentlichen Gebäuden gesäumt wurden. Dort, wo heute der Justizpalast und Notre-Dame stehen, bauten die Römer den Palast des Präfekten und einen Jupitertempel. Südlich der Stadt entstanden auf einem Hügel der später den Namen Sainte-Geneviève tragen sollte erste Außenbezirke. Diese Vororte nannte man zur damaligen Zeit Lucotetia. Das rechte Seineufer war ein gewaltiges Feuchtgebiet und als Wohngebiet unbrauchbar. Nichtsdestoweniger wurde auf einem bewaldeten Hügel ein Merkur-Tempel errichtet, der später Montmartre werden sollte. Dieses Paris, das seinerzeit schon 20.000 Einwohner zählte, hat bis heute die innere Struktur der Ile de la Cité hinterlassen.

 

Ende des 3. Jahrhunderts hatte sich die Insel schon bis an das linke Ufer ausgedehnt, doch durch das Vordringen der Barbaren zogen sich die Bewohner wieder ins Innere der Insel zurück. Im 4. Jahrhundert erhielt die Stadt unter dem römischen Kaiser Julius Apostata eine Stadtmauer, eine römische Schiffsflotte ankerte zu ihrem Schutz in der Seine und ein kleines, gutbewaffnetes Heer stand zur Verteidigung der Stadt bereit. Zu diesem Zeitpunkt hieß die Stadt seit etwa 100 Jahren Paris.


Das Mittelalter - Beten und Bildung ziehen ein

Am Ende des 5. Jahrhunderts wurde Paris erneut erobert, diesmal durch die Franken. Ihr Anführer, Chlodwig I, besiegte 486 die römische Armee, wurde Herrscher im Großraum Nordgallien und griff damit entscheidend in die Entwicklung der Stadtgeschichte ein. Während seiner Regentschaft wurde Paris ein einziger Kirchbauplatz: Neun Kirchen entstanden auf dem linken Seineufer, drei auf dem Rechten. Darunter auch Saint-Germain-des-Prés (prés = Wiesen). Mit dem Bau dieser vielen Kirchen und Abteien siedelten sich die Pariser wieder im weiteren Umfeld der Insel an und im Jahre 508 wurde Paris zur Hauptstadt des merowingischen Reiches erklärt.

 

Vom 6. Jahrhundert an entstanden weitere zahlreiche Abteien, darunter eine gewaltige Basilika auf der Seineinsel, ein Vorgängerbau von Notre-Dame. Unter dem Einfluss Karls des Großen wurden diese Abteien Orte des Gebets und der Studien und warfen bereits Schatten der Entwicklung einer Universität voraus. Karl der Große wählte sich jedoch Aachen als Regierungssitz und residierte nur selten in Paris. Für die Stadt, schlecht verteidigt und vernachlässigt, begannen harte Zeiten: Im Laufe des 9. Jahrhunderts fielen die Normannen mehrfach über die Stadt her, plünderten und brandschatzten sie. Die Vororte fielen der Verwüstung anheim und die Bewohner zogen sich erneut in die Grenzen der Cité zurück. Von der einst so strahlenden Stadt blieb kaum mehr eine Spur.

 

Das Zeitalter der Karolinger sah jedoch dem Ende entgegen und es ging für die Stadt wieder bergauf, als 987 Hugo Capet den Thron auf der Ile de la Cité bestieg. Paris schlüpfte mit seinen reichen Klöstern, seiner jährlich stattfindenden Messe und seinen Märkten rasch wieder in die einstige Rolle als Königsstadt. Ludwig VI. (der Dicke genannt) verlegte seine Residenz in den Palast auf der Cité (später Justizpalat), auf der sich nun die Häuser immer dichter drängten. Der Bau von Notre-Dame am gleichen Standort der merowingischen Kirche wurde 1163 angeregt, zog sich jedoch fast 2 Jahrhunderte hin und war erst Mitte des 14. Jahrhunderts abgeschlossen.

 

1180 umschloss Philipp II August die Stadt mit einer neuen, festen und turmbewehrten Mauer. Um den Angriffen des englischen Königs zu begegnen, errichtete er die Festungsanlage des Louvre, die bald als königliche Residenz diente. Neben zwei Holzbrücken verbanden jetzt auch zwei Steinbücken die Insel mit den beiden Flussufern. Die Umgebung des Marktes von Champeaux wurde ausgebaut, später entstanden hier die berühmten Markthallen "Les Halles" und die ringsum liegenden Weinberge und Weiden verringerten sich zusehends.

Notre-Dame erhob sich über die Häuser der Domherren und dutzende, kleinerer Kirchen, die überall auf der Ile de la Cité verstreut lagen. Die Bautätigkeiten auf dem linken Seineufer verstärkten sich bald durch die Gründung der Universität. Die Universität, im 12. Jahrhundert aus der Kapitelschule von Notre-Dame entstanden, sicherte der Stadt bereits ein intelektuelles Echo auf internationaler Ebene.

Auf dem rechten Seineufer befand sich der Ausgangspunkt der großen Handelsstraßen, an der die reichen Kaufleute ihre Häuser bauten. Jedoch auch die Seine selbst, der natürlichste und am einfachsten zugänglichste Verkehrsweg diente jeglicher Art und Form von Handel und Kommunikation.

 

Im 14. Jahrhundert war die Stadt unter der Regentschaft Karls V. über all ihre Befestigungsanlagen hinaus gewachsen und es waren neue Bollwerke nötig. Im Osten umschlossen diese dann auch die neuen Viertel Saint-Paul und Tournelles (heutige Place des Vosges), die sich um die Lieblingsresidenz des Herrschers entwickelt hatten. Den Zugang bewachte eine Festung, an deren Platz später (1370) die Bastille errichtet wurde. Auch wenn das 14. Jahrhundert für Paris durch das Vorrücken der Templer und eine verheerende Pestepidemie (1348) gekennzeichnet war, so war der langfristige Kampf um die Thronfolge zwischen den Karpetingern und dem englischen König wesentlich schlimmer für die einfache Bevölkerung. Nach etlichen Siegen zogen die Engländer 1422 in Paris ein. Es war der Beginn des Jahrhunderts des goldenen Exils der Könige, die nun an den Ufern der Loire ihre zauberhaften Schlößer bauten und so gleichsam die Loire zum Zentrum höfischen Lebens avancieren ließ.

 

Als die Stadt 1437 von Karl VII zurückerobert wurde, befand sie sich wiederum in einem erbärmlichen Zustand. Inzwischen zählte die Stadt rund 200.000 Einwohner und die ersten bis dahin schlammigen Straßen wurden gepflastert. Das ging jedoch nur langsam voran und erst unter Ludwig XII war knapp die Hälfte von ihnen befestigt. Jene Straßen trugen die Namen ihrer bedeutenden Anwohner oder waren nach einem besonderen Kennzeichen benannt. Noch unter Ludwig XII. besass die Stadt lediglich 16 öffentliche Brunnen und bei Regenwetter war das Ausfegen verboten, um die Verschmutzung der Quellen zu verhindern. Dennoch waren die hygienischen Verhältnisse nicht so schlimm wie man manchmal annimmt - die Dampfbäder hatten zu dieser Zeit schon regen Zulauf.

 

Der Übergang von der römischen zur gotischen Kunst zeigte sich an den großen Bauwerken, die sich mit prächtigen Rosetten zierten. Als private Wohnhäuser wurden jedoch weiterhin kleine Giebelhäuser aus Holzfachwerk gebaut. Im 16. Jahrhundert wurde dann Holz als Baustoff wegen Brandgefahr verboten.

Die Renaissance - klare und offene Proportionen

Bis zum 16. Jahrundert, in dem für Paris eine neue Ära anbrach, war die Stadt ein relativ einheitliches Stadtgefüge gewesen, historisch und architektonisch ganz und gar ein Kind des Mittelalters. Aus der Vogelschau betrachtet bot Paris dem Auge damals ein unentwirrbares Netz seltsam verschlungener Gassen, aus denen sich lediglich die Kirchen und Paläste im gotischen Flamboyantstil abhoben. Unter Franz I, der es liebte seine Gäste mit bisher unbekanntem Prunk zu beeindrucken, gelangten die Einflüsse des italienischen Rinascimento nach Frankreich. Er ließ alle noch freien Bereiche innerhalb der Befestigungen bebauen und viele der bestehenden Gebäude wurden im Stil der Zeit neu gestaltet. Das beschädigte Gebäude der Verwaltung am Place de Grève (Strandplatz) wurde durch ein neues Hôtel de Ville ersetzt. Es war eines der ersten Renaissance-Gebäude von Paris.

 

Außerdem wollte er den Louvre zu seinem Königssitz machen, ließ ihn umbauen und mit einer Kaianlage ausstatten, die für damalige Verhältnisse gigantisch war. Das Stadtbild wurde durch die Renaissance allgemein jedoch weitaus luftiger. Die Häuser mit den vorspringenden Erkern, die die schmalen Gassen beiderseits säumten und das Durchkommen erschwerten, wurden kurzerhand verboten. Stattdessen baute man nur schlichte oder zurückliegende Fassaden, sodass die Straßen klarer und offener wirkten.

 

Das Ende des 16. Jahrhunderts war eine finstere Zeit. Nach dem Blutbad der Bartholomäusnacht 1572 zerrieb sich die Bevölkerung in Auseinandersetzungen, die nur schwer unter Kontrolle zu bekommen waren. Nach dem tödlichen Attentat auf Heinrich III. wusste sich König Heinrich "der Gute" beliebt zu machen und bemühte sich um die Verschönerung der Hauptstadt. Er ließ Paris sanieren und verschönern bis es für ihn das Ideal einer modernen Stadt und einer urbanen Kultur repräsentierte, in der der Glanz des Monarchen und seines Hofes alles überstrahlte.

Paris stand nun an der Stelle zum Grand Siècle, dem großen Jahrhundert. 68 neue Straßen wurden angelegt, an allen Ecken gab es Baustellen. Die Arbeiten am Louvre wurden fortgesetzt und zum ersten Mal sollte sich eine Brücke ohne Häuser über die Seine erstrecken: der Pont-Neuf. Mit prächtigem weißen Verputz und breiten Bürgersteigen entwickelte er sich zu einer beliebten Promenade. Trotz seines Namens "neue Brücke" ist er die älteste noch heute existierende Steinbrücke von Paris.

Im Marais-Viertel, an der Stelle des Hôtel des Tournelles lässt Heinrich IV. einen in sich geschlossenen Platz für öffentliche Feste und Veranstaltungen anlegen, den heutigen Place des Vosges. Umgeben von gleichförmigen, zweistöckigen Pavillons aus weißem Haustein, die mit roten Ziegeln umrahmt sind, lädt eine elegante Säulengalerie noch vier Jahrhunderte später zum Flanieren ein.

 

Im Jahr 1607 wurde der Place Dauphine vermessen und aus dem ehemaligen Obstgarten des Königs auf der Ile de la Cité wurde ein dreieckiger Platz mit einheitlichen Häusern errichtet. Des Weiteren entstanden in der Renaissance-Zeit Stadtschlößer wie das Hôtel Carnavalet, Brunnenanlagen wie die Fontaine des Innocents und die Tuilerien. Andere Bauprojekte wie eine gewaltige Place de France, auf der acht Straßen zusammenfließen sollten, kamen durch das Attentat auf den König zum Stillstand. 


Das 17. Jahrhundert - Entwicklung ohne Monarch

Kardinal Richelieu überließ Ludwig III. seinen Palais Cardinal, der daraufhin zum Palais Royal wurde. Ringsum entwickelte sich schnell ein neues Viertel. Am linken Ufer setzte wiederum der Palais du Luxembourg neue architektonische Maßstäbe. Der dazugehörige Jardin du Luxembourg ist noch heute eine Oase inmitten von Paris und dem Quartier Latin. Eine neue Stadtmauer wurde errichtet, die im Westen auch Saint-Roch und den Faubourg Saint Honoré umschloss.

Zur gleichen Zeit, etwa zwischen 1614 und 1650, hatten sich aus den beiden Inselchen Ile Notre-Dame und der kleineren Ile aux Vaches (Kuhinsel) die heutige Ile Saint-Louis gebildet und zu einem begehrten Wohngebiet gemausert. Auf der ehemaligen Badeinsel, die durch die Brücke Saint-Louis mit der Ile de la Cité verbunden ist, wurden prächtige Adelshäuser der Patrizierfamilien gebaut, deren gepflasterte Innenhöfe bis heute fast unverändert sind. Lange Zeit hatten sich die Pariser auf dem Rücken eines Esels oder Pferdes fortbewegt, doch der Verkehr gestaltete sich zu einem immer schwieriger gewordenen Problem. Im 17. Jahrhundert kam dann die Sänfte in Mode und es tauchten die ersten Fiaker auf. Wegen der nicht vorhandenen Beleuchtung war die Benutzung der Straßen nachts jedoch äußerst riskant.

Ludwig XIV. regte zwar die Einrichtung von großen öffentlichen Park- und Gartenanlagen an, nach seiner Thronbesteigung wandte er sich allerdings von Paris ab und richtete sein Interesse ganz auf Versailles. Er schmälerte die Macht der Stadtverwaltung und ließ kaum Unterhaltungsmaßnahmen in der Stadt durchführen. Abgesehen von den Kolonnaden des Louvre sowie vom Observatoire und dem Invalidendom außerhalb der Stadt. Die Place des Victoires und die Place Vendôme entstanden daher auch nicht auf Betreiben des Königs, sondern durch die Initiative privater Finanziers.

1670 ließ Ludwig XIV die Befestigungsanlagen niederreißen und durch die großen Boulevards ersetzen, was daraufhin auch den weiteren Straßenausbau wieder vorantrieb. Der Champs-Elysées beispielsweise war einer dieser Boulevards und entwickelte sich später zur berühmtesten Prachtstraße von ganz Paris. Die Stadt war jetzt nur noch durch Schlagbäume gesichert, jenseits derer es untersagt war große Stadttore zu bauen.


Das 18. Jahrhundert - Luxus und Niedergang

Zu Zeiten seines Nachfolgers, Ludwig XV., regierten um die Place Vendôme und die Place des Victoires der Luxus. Ludwig machte es sich zur Hauptaufgabe Paris zu verschönern, das inzwischen eine halbe Million Einwohner zählte. Durch die Brücke Pont Royale verband er den Faubourg Saint-Honoré mit dem Faubourg Saint-Germain und ließ weitere Steinbrücken bauen. Außerdem befahl er den bereits ein volles Jahrtausend alten Friedhof von Saint-Innocents einebnen, weil er einen gefährlichen Krankheitsherd darstellte. Die Skelette wurden unterhalb von Paris in die endlosen Gänge der ehemaligen Steinbrüche gebracht, die heute als Katakomben bekannt sind. In den folgenden Jahrzehnten würden weitere Gebeine folgen und fein säuberlich nach Herkunftsfriedhöfen in den Galerien aufgestapelt.An der Stelle des Friedhofs sollte ein großer Markt entstehen.

 

Vor allem aber ließ Ludwig XV. das Panthéon und die École Militaire bauen sowie den Place de la Concorde anlegen. Im gleichen Zug entstanden große Avenuen und wiedermal sprengte die Stadt die Grenzen ihrer Mauern. Die Erhebung von Grundsteuern und Zöllen war aufgrund der fehlenden Grenzen daher ein reiner Willkürakt. Noch immer war Paris umgeben von Weinbergen und Mühlen und die Bauern strömten mit ihren Waren an die Stadttore. Neben den prächtigen Bauten mit eleganten Fassaden gab es aber auch Viertel mit düsteren Gässchen und mittelalterlichen Häusern. Dort fand man einen Pferdemarkt, einen Blumenmarkt und rund um die Herbergen lief auch noch das Geflügel. Alles in Allem herrschte dort eine eher dörfliche Atmosphäre.

 

Sein Nachfolger, Ludwig XVI. hatte wenig Zeit sich für das Bauwesen zu interessieren. Die Revolution, symbolisiert durch den Sturm auf die Bastille 1789, sorgte dafür, dass große Gebäude und Teile von Paris geplündert wurden. Alle Embleme, Statuen und Wappen der verhassten Königsherrschaft wurden dem Erdboden gleich gemacht und damit viele große Monumente und Bauwerke zerstört. Verschont geblieben war der Champ-de-Mars (das Marsfeld), jener riesige Platz der Bühne und Schauplatz nationalistischer und militärischer Aufmärsche war.


Das 19. Jahrhundert - die durchgeplante Stadt

Napoleon machte sich unter dem Consulat und später dem Empire daran, all die verschwundenen Symbole der Königsherrschaft durch Denkmäler seiner Siege zu ersetzen. Die Namen der Straßen, Brunnen und Denkmäler priesen seine Armeen. Ihm verdanken wir die Madeleine, die Börse und die Initiative für den Bau des berühmten Bogens auf der Place de l`Étoile.

Das heutige Gesicht der Stadt ist jedoch geprägt von den Veränderungen, die Baron Hausmann unter Napoleon III veranlasste. Er verdammte die Pariser 40 Jahre lang dazu, im Schlamm und Schutt der zahloosen Baustellen herumzuwaten. Schließlich aber bescherte diese intensive Bautätigkeit der französischen Hauptstadt die schönsten Alleen der Welt, flankiert von so unvergleichlichen Bauwerken wie der Opéra Garnier.

Die großen Boulevards durchquerten die noch immer beliebten Viertel und zwischen dem Place de la Nation, de la République und de la Bastille wurden breite Achsen geschaffen. Der große Platz vor Notre-Dame wurde frei gemacht, um der Fassade wieder zu gebührendem Ansehen und verhelfen und die Häuser vor dem Hôtel de Ville eingeebnet. Keinesfalls die einzigen Häuser, die den Plänen Hausmanns - nicht immer freiwillig - weichen mussten. Im Zuge des Gesamtplans gemeindete man die Dörfer am Rand von Paris ein, sodass die Stadt nun 20 Arrondissements umfasste, die in 48 Quartiers unterteilt sind. Man hat oft bedauert, dass Haussmann die alten Gebäude abreißen ließ, um dort rechtwinklige Straßen anzulegen. Andererseits wachte der Baron aber auch über die Reinigung schmutziger Winkel, die bessere Verteilung von Trinkwasser, den Ausbau des Kanalisationsnetzes und die Verschönerung der Parks. Die großen Boulevards die er einführte, entsprachen schon den Anforderungen einer modernen Stadt, in der der Verkehr immer dichter werden würde.

 

Nach der blutigen Episode der Pariser Commune wurden in der III Republik die Arbeiten wieder aufgenommen und der Montmartre mit einer ungwöhnlichen Basilika gekrönt: Sacre-Coeur. 1889 wurde zur Weltausstellung der Eiffelturm eröffnet. Im Laufe des ausklingenden Jahrhunderts gab es drastische Veränderungen im Pariser Leben: nach einer ersten fahrt der Eisenbahn zwischen Paris und Saint-Germain-en-Laye 1837 kamen später Omnibusse und Trambahnen hinzu. Handel und Industrialisierung entwickelten sich explosionsartig, womit die großen Kaufhäuser wie die Galeries Lafayette entstanden. Zum Vergnügen der Pariser reihten sich an den großen Boulevards zudem die Theater aneinander.

Ebenfalls in dieser Zeit entstand die wohl schönste Brücke von Paris: der Pont Alexandre III. Am 14. April 1900 eröffnet, genau einen Tag vor der Weltausstellung, gilt sie als die kühnste Bogenbrücke ihrer Epoche. Benannt ist sie nach Zar Alexander III, der auch bei der Grundsteinlegung dabei war.


Das 20. Jahrhundert - Auferstehung und Lichterglanz

In den Jahren 1900 und 1905 wurden in Paris die Métro und der Autobus ohne Pferde eingeweiht. Die sorglosen Zeiten fanden 1914 ein jähes Ende, als der Erste Weltkrieg ausbrach. Paris konnte sich jedoch vor größeren baulichen Schäden retten. Mit dem Wiederaufbau wurde auch wieder der typische Pariser Lebenshunger spürbar und Ateliers schossen aus dem Boden. Paris machte sich einen Namen als kosmopolitische Metropole. 1919 wurden die letzten Überreste der Stadtbefestigung gesschliffen und die Wälder von Boulogne und Vincennes in die Stadt integriert. 1921 erreichte die Pariser Bevölkerung mit fast 3 Millionen Einwohnern ihren historischen Höchststand, bedingt durch die Zuwanderung aus der Bretagne und der Auvergne.

 

Der Zweite Weltkrieg richtete in Paris dann jedoch weit größere Verwüstungen an. Große Teile der Hauptstadt lagen in Schutt und Asche. Die Nachkriegszeit war wiederum geprägt von einer neu erwachten Vitalität auf allen Ebenen. Natürlich hatten die extremen Tendenzen in der Malerei zu jener Zeit auch Auswirkungen auf die Architektur. Die Formen wurden klarer - oder armseliger, wie manche meinen - und Materialien in ihrem Rohzustand verarbeitet. Als im Jahre 1958 General de Gaulle an die Macht kam, setzte er einen Kultusminister ein, dem Paris bis heute viel zu verdanken hat. Andre Malraux setzte eine enorme Welle von Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten in Gang, die viele Viertel allerdings auch dringend nötig hatten. Nachdem die Ordnung nach den turbulenten Wochen vom Mai 1968 wiederhergestellt war, erlebte die Hauptstadt in den 1970 er Jahren eine Phase der Dezentralisierung, da man versuchen wollte, die völlige Verstopfung und Abgasbelastung zu reduzieren. Als Maßnahme baute man das öffentliche Verkehrsnetz bis in die Vororte aus.

Die letzten Präsidenten wie Jaques Chirac, Francois Mitterand oder Georges Pompidou waren stets auch Förderer neuer städtebaulicher Impulse. Pompidous Name ist mit Beaubourg verknüpft, dem Stadtteil, der sich heute so bizarr zeigt und gelegentlich leicht verächtlich die "blaue Raffinerie" genannt wird. Die ambitioniertesten Projekte sind jedoch Francois Mitterand zuzuschreiben: Die Erweiterung des Louvre mit der Glaspyramide, die Grand Arche in La Défense und die Opéra Bastille. Nicht zuletzt gehört dazu auch die Bibliothèque de France, die er erbauen ließ, "um sich in der Erinnerung Frankreichs einen Platz zu sichern", vor allem aber auch, um die Welt zu überraschen und noch einmal den ewigen Glanz der Lichterstadt Paris zu unterstreichen.